German Mummy Project

Forschungsprojekt der Curt-Engelhorn-Stiftung für die Reiss-Engelhorn-Museen

Das German Mummy Project ist eines der größten und interessantesten Projekte zur Erforschung von Mumien weltweit. Zusammen mit Experten aus unterschiedlichen Ländern und Disziplinen und mit Hilfe modernster Methoden ist es möglich, Mumien ihre Geheimnisse zu entlocken. Untersucht werden Mumienfunde unterschiedlicher Zeiten und Kulturen.

Den Reiss-Engelhorn-Museen gelang es, ein internationales und interdisziplinäres Wissenschaftsteam für das Forschungsprojekt zu gewinnen. Anthropologen, Radiologen, Rechtmediziner, Physiker, Molekulargenetiker, Restauratoren und Spezialisten anderer Bereiche arbeiten Hand in Hand. Alle Untersuchungen werden so objektschonend wie möglich durchgeführt und Probeentnahmen bleiben auf ein Minimum beschränkt.

Der Vergangenheit auf der Spur

Die Untersuchung von Mumien ermöglicht Rückschlüsse auf die Lebensumstände von Menschen aus längst vergangenen Zeiten und Kulturen. Anthropologie, Radiologie (insbesondere Computertomografie), Molekulargenetik, Toxikologie, Rechtsmedizin sowie radiometrische Datierungen geben z.B. Aufschluss über Geschlecht, Individualalter, Größe, Herkunft, Krankheiten sowie Lebens- und Todesumstände der Verstorbenen.

Die Mannheimer Forschung setzt auch auf Methoden, die zuvor noch nie oder kaum bei Mumienuntersuchungen zur Anwendung kamen. Zum Einsatz kommen neuste CT-Techniken. Auf der Basis von CT-Aufnahmen können z.B. Schädel rekonstruiert und im Folgenden einer digitalen 3D-Gesichtsrekonstruktion zugeführt werden. Über einen hochmodernen 3D-Farbdrucker lassen sich diese dann ausdrucken.

Die Wissenschaftler entdeckten bei den Untersuchungen Erstaunliches

Erstmals konnte z.B. nachgewiesen werden, dass die alten Ägypter nicht, wie lange Zeit angenommen, die einzige Hochkultur waren, die Mumifizierungen durch Einbalsamierung mit Harzen betrieben. Diese Methode war auch in Altamerika bekannt. Die Forschungen des German Mummy Project haben bisher viele neue Erkenntnisse hervorgebracht und ermöglichen spannende Einblicke in das Leben von Menschen vergangener Zeiten. Zahlreiche Medien haben bereits in den letzten Jahren über die Mannheimer Forschungen berichtet.

Die Entdeckung der rem-Mumien

Eine sensationelle Entdeckung in den Depots der Reiss-Engelhorn-Museen brachte das German Mummy Project ins Rollen. Bei Umstrukturierungen der Depots 2004 wurden neunzehn Mumienobjekte unterschiedlicher Provenienz "wiederentdeckt". Sie wurden noch niemals ausgestellt. Der unerwartete Fund gab den Sammlungsleitern und Restauratoren Rätsel auf: Woher stammen die Mumien? Welches Geschlecht haben sie? Woran sind sie gestorben?

Diese und noch mehr Geheimnisse galt es zu lüften. Bereits bei der ersten Begutachtung der Mumien wurde klar, dass sie eine den ethischen ICOM-Richtlinien entsprechende Aufbewahrung und Behandlung bekommen sollten. Ein wissenschaftliches Untersuchungsprogramm und sorgfältige Restaurierung sollten optimale Aufbewahrungsbedingungen ermöglichen und die Informationslücken schließen.

Investition Forschung

Wichtige Forschungsergebnisse wurden erstmals im Herbst 2007 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In der großen rem-Sonderausstellung "MUMIEN – Der Traum vom ewigen Leben" (30.9.2007 – 18.5.2008) präsentierten die rem zusammenfassend und multimedial aufgearbeitet zahlreiche neue und wichtige Erkenntnisse. Eine veränderte Version der Mannheimer Ausstellung war von Sommer 2010 bis Januar 2014 auf USA-Tournee und anschließend in verschiedenen europäischen Museen zu sehen. Mehr als 3 Millionen Besucher haben die Ausstellung gesehen und dadurch einen besonderen Einblick in die Forschungen des German Mummy Project bekommen. Bis Oktober 2021 befanden sich die Mumien der rem auf großer Japan-Tour.

Seit 2004 haben sich die Reiss-Engelhorn-Museen als Mumienforschungsstandort etabliert. Die Untersuchungen wurden auch nach der großen rem-Sonderausstellung von 2007 fortgeführt. Mehr als 100 Mumien von verschiedenen europäischen Museen und Sammlungen sind mittlerweile Gegenstand der interdisziplinären Untersuchungen. Besondere Forschungsschwerpunkte liegen auf der Analyse von Mumien aus Ägypten und Südamerika sowie Kirchen- und Gruftmumien aus Europa.

Daten + Fakten

Forschungsdauer

seit Frühjahr 2004

Projektumfang

Gegenstand der Untersuchungen sind über 100 verschiedene Ganzkörpermumien und Mumienteile aus unterschiedlichen europäischen Museen und Sammlungen, darunter das Ägyptische Museum und Papyrussammlung, Berlin, das Naturhistorische Museum Basel und das Museo Egizio, Turin.

Projektziel

Das German Mummy Project hat es sich zum Ziel gesetzt, möglichst umfangreiche Informationsbasis zu den einzelnen Mumien zu ermitteln, um die jeweilige Individualgeschichte und die Lebensumstände der Menschen zu rekonstruieren. Zur Umsetzung des Projektziels kommen verschiedenste medizinisch-naturwissenschaftliche Untersuchungs- und Analysemethoden zum Einsatz. Außerdem besteht ein enges Kooperationsnetzwerk mit zahlreichen Forschern und europäischen Institutionen.

Projektträger

  • Prof. Dr. Wilfried Rosendahl, Curt-Engelhorn-Stiftung für die rem

Forschungsteam

Projektleitung und -koordination

  • Prof. Dr. Wilfried Rosendahl, rem

Mitarbeiter der Projektleitung

  • Stephanie Zesch, M.A. (wissenschaftliche Mitarbeiterin)

Restauratorische Betreuung

  • Dipl. Rest. Sandra Gottsmann, rem
  • Dr. Dipl. Rest. Sylvia Mitschke, rem
  • Matthias Feuersenger, rem
  • Jens Klocke, Hildesheim (im Auftrag)

Radiologie / Anthropologie / Paläopathologie

  • Prof. Dr. Stefan Schönberg, Universitätsmedizin Mannheim
  • Dr. Sonja Janssen, Universitätsmedizin Mannheim
  • Prof. Dr. Stephanie Panzer, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau
  • Prof. Dr. Albert Zink, EURAC Research Bozen
  • Dr. Sandra Lösch, Universität Bern
  • Amelie Alterauge, M.A., Universität Bern
  • Prof. Dr. Donatella Lippi, Universität Florenz
  • Prof. Dr. Dr. Frank Rühli, Universität Zürich
  • Dr. Ildikó Pap, Hungarian Natural History Museum Budapest
  • Dr. Ildikó Szikossy, Hungarian Natural History Museum Budapest
  • Dr. Gerhard Hotz, Naturhistorisches Museum Basel
  • Dr. Dario Piombino-Mascali, Capuchin Catacombs of Palermo, Vilnius University

Virtual Reality

  • Prof. Dr. Philippe Cattin, Universität Basel

Geschichte der Röntgentechnik

  • Dr. Uwe Busch, Deutsches Röntgen-Museum Remscheid

Gesichtsrekonstruktion

  • Prof. Dr. Ursula Wittwer-Backofen, Universität Freiburg
  • 3D-Construct, Köln (im Auftrag)

Molekulargenetik

  • Prof. Dr. Albert Zink, EURAC Research Bozen
  • Dr. Frank Maixner, EURAC Research Bozen

Toxikologie und Drogenanalyse

  • Prof. Dr. Frank Musshoff, Forensisch Toxikologisches Centrum München

Rechtsmedizin

  • Prof. Dr. Burkhardt Madea, Universität Bonn

14C-Datierung

  • Dr. Ronny Friedrich, Klaus-Tschira-Labor für physikalische Altersbestimmung Mannheim
  • Dr. Susanne Lindauer, Klaus-Tschira-Labor für physikalische Altersbestimmung Mannheim

Textilanalyse an Begleitfunden

  • Dr. Dipl. Rest. Sylvia Mitschke, rem

Medizin- und Pharmaziegeschichte

  • Prof. Dr. Tanja Pommerening, Universität Marburg

Kontakte

German Mummy Project

Prof. Dr. Wilfried Rosendahl,
Leitung German Mummy Project

Tel 0621 – 293 31 72

wilfried.rosendahl@​mannheim.de

Stephanie Zesch,
Wissenschaftliche Mitarbeiterin German Mummy Project

Tel 0621 – 293 37 81

stephanie.zesch@​mannheim.de